DATEV: Aug 2022, Einkommensteuer

Die Folgen des „Abfärbens“ im Steuerrecht

Verschiedene Situationen und Zustände des realen Lebens können steuerliche Folgen herbeirufen. Dazu zählt z. B. das „Abfärben“, wenn verschiedene Gegen­stände oder Menschen zu nahe beieinander stehen. Dies passiert im Ertragsteuerrecht dadurch, dass Wirt­schaftsgüter (in der Regel Gebäude oder Grundstü­cke) einer Personengesellschaft an eine Kapitalgesell­schaft mit oder ohne Miet­/Pachtzahlung zur Nut­zung überlassen werden (die Gesellschaft wird Besitz­gesellschaft). Die Kapitalgesellschaft wird als Betriebs­gesellschaft bezeichnet. Die Personengesellschaft er­zielt in diesen Fällen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die bei den Gesellschaftern der Ein­kommensteuer unterliegen. Wenn aber ein oder meh­rere Gesellschafter dieser Personengesellschaft auch Gesellschafter der Kapitalgesellschaft sind und sie die Mehrheit der Stimmrechte der Kapitalgesellschaft haben, d. h. dadurch diese Gesellschaft beherrschen, dann werden die Vermietungseinkünfte bei der Perso­nengesellschaft zu Einkünften aus Gewerbebetrieb umqualifiziert. Diese Konstellation wird im Steuerrecht als Betriebsaufspaltung bezeichnet. Sie geht auf eine Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanz­hofs aus dem Jahr 1971 (Az. GrS 2/71) zurück.

Aber nicht nur die Einkünfte aus der Vermietung an die beherrschte Kapitalgesellschaft sind davon betrof­fen, sondern alle Einkünfte, auch aus der Vermietung an fremde Mieter oder Zinseinkünfte bzw. Dividenden. Das ist dann die eingangs erwähnte „Abfärbung“.

Diese Umqualifizierung der Einkünfte hat viele Folge­wirkungen. Zunächst führt sie zur Gewerbesteuer­pflicht des gesamten Gewinns bei der Personengesell­schaft. Weiterhin sind auch sämtliche Verkäufe oder Entnahmen von Grundstücken oder sonstigem Ver­mögen aus der Personengesellschaft unabhängig vom Zeitpunkt der Anschaffung steuerpflichtig (die 10­Jahres­Frist gilt nicht!). Bei Überschreiten der Buch­führungsgrenzen gem. § 141 AO muss der Gewinn durch Bilanzierung mittels einer kaufmännischen Buchführung ermittelt werden. Schließlich unterliegt die Personengesellschaft auch der steuerlichen Au­ßenprüfung.

Besonders unangenehm und teuer können die steuer­lichen Folgen dann werden, wenn die Beherrschung und damit Betriebsaufspaltung ungeplant eintritt oder entfällt. Dies kann z. B. durch die Schenkung von An­teilen oder durch den Erbanfall von Todes wegen pas­sieren. Fällt die Beherrschung weg, dann hat dies au­to­matisch die Betriebsaufgabe der Personengesell­schaft zur Folge. Die Bewertung des Vermögens der Gesellschaft erfolgt zum gemeinen Wert, sodass sämt­liche stillen Reserven versteuert werden müssen, ohne dass den Gesellschaftern wie bei einer Veräußerung auch Liquidität zufließt. Durch die Begründung der Betriebsaufspaltung werden die Geschäftsanteile der Betriebsgesellschaft notwendiges Sonderbetriebsver­mögen der entsprechenden Mitunternehmer. Kommt es zu einer ungewollten Beendigung, müssen die An­teile mit dem gemeinen Wert ins Privatvermögen überführt werden.

Hinweis

Es kann auch bei einem Steuerpflichtigen zu einer Betriebsaufspaltung kommen, wenn die Vorausset­zungen vorliegen. Auch dann kommt es zur Um­gliederung der Einkünfte.