DATEV: Feb 2024, Verfahrensrecht

Vorlage von E­Mail­Korrespondenz bzw. eines Gesamtjournals - Befugnisse der Finanzverwal­tung

Das Finanzamt forderte von der Klägerin im Rahmen einer Außenprüfung die Vorlage von empfangenen und Wiedergaben von versandten Handelsbriefen nach § 147 Abs. 1 Nr. 2 und 3 Abgabenordnung (AO) sowie sonstiger Unterlagen mit Bedeutung für die Besteuerung nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO und für den Fall, dass die angeforderten Unterlagen in elektroni­scher Form vorlägen, ein Gesamtjournal, in dem alle E­Mails erfasst sein sollten.

Das Finanzgericht Hamburg entschied, dass die Be­fugnisse aus § 147 Abs. 6 AO der Finanzverwaltung nur in Bezug auf solche Unterlagen zustehen, die der Steuerpflichtige nach § 147 Abs. 1 AO aufzubewahren hat. Handelsbriefe i. S. d. § 147 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO i. V. m. §§ 257 Abs. 2, 343 HGB sind nicht auf eine bestimmte Form beschränkt, sodass auch E­Mails Handelsbriefe sein können. Schriftstücke betreffen ein Handelsgeschäft, wenn sie seine Vorbereitung, Durch­führung oder Rückgängigmachung zum Gegenstand haben. Die im Rahmen eines Vertragsverhältnisses, welches seinerseits als Handelsgeschäft qualifiziert, zu erbringenden Erfüllungsgeschäfte wie die Aus­kunftserteilung oder Serviceleistungen beträfen die Durchführung dieses Handelsgeschäfts und qualifi­zierten ebenfalls als Handelsgeschäfte. Wenn derartige Erfüllungsgeschäfte in einem Schriftstück verkörpert sind, unterliegen diese der Aufbewahrungspflicht nach § 147 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO.

Es besteht kein Anspruch der Finanzverwaltung auf Vorlage eines elektronischen Gesamtjournals, welches nach den Vorgaben der Finanzverwaltung Informatio­nen zu jeder einzelnen empfangenen bzw. versandten E­Mail des Steuerpflichtigen enthalten soll. Die Auf­forderung zur Vorlage eines Gesamtjournals, in dem auch nicht nach § 147 Abs. 1 AO aufbewahrungs­pflichtige E­Mails aufgelistet bzw. nach den Vorgaben der Fi­nanzverwaltung dargestellt werden sollen, überschrei­tet die Befugnisse der Finanzverwaltung aus § 147 Abs. 6 AO und ist damit rechtswidrig. Eine allgemein formulierte Aufforderung zur Vorlage von elek­tronischen Unterlagen 'en bloc' kann, unter Berück­sichtigung des Erstqualifikationsrechts des Steuer­pflichtigen, sowohl dem Bestimmtheitsgebot genügen als auch vom Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung nach § 147 Abs. 6 AO gedeckt bzw. verhältnismäßig sein.