DATEV: Aug 2022, Verfahrensrecht

Hinzuschätzung nach Außenprüfung bei Einzel­handelsunternehmen

Das Niedersächsische Finanzgericht hat entschieden, dass bezüglich einer Hinzuschätzung keine Änderung erfolgt, wenn nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass Betriebseinnahmen nicht erklärt wurden.

Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich be­kannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Tatsachen im Sinne dieser Vorschrift sind alle Sach­verhaltsbestandteile, die Merkmal oder Teilstück des gesetzlichen Steuertatbestandes sein können, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art. Tatsachen sind die Merkmale, die den steuerlichen Tatbestand ausfüllen, weil sie unter den Tatbestand subsumiert die steuer­liche Folge ergeben. Auch Hilfstatsachen, die einen Schluss auf das Vorliegen einer Haupttatsache, die Element des gesetzlichen Tatbestandes ist, könnten die Änderungsbefugnis der Finanzbehörde eröffnen. Hilfstatsachen dürften allerdings nur dann herangezo­gen werden, wenn sie einen sicheren Schluss auf das Vorliegen der Haupttatsache zulassen; bloße Vermu­tungen oder Wahrscheinlichkeiten reichten hierfür nicht aus. Aus dem „soweit“­Satz folgt weiterhin, dass eine Änderung der Besteuerungsgrundlagen nur in dem Umfang zulässig ist, in dem die nachträglich be­kannt gewordene Tatsache ursächlich für eine höhere Steuerfestsetzung ist. Die Feststellungslast für die tat­sächlichen Voraussetzungen trägt die Finanzbehörde.

Die Finanzbehörde hat die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie sie nicht ermitteln oder be­rechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berück­sichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuer­pflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde ge­legt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuer­pflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmeh­rungen bestehen. Dabei ist bei Unternehmern mit Gewinnerermittlung durch Einnahme­Überschuss­Rechnung zum einen die umsatzsteuerrechtliche Ver­pflichtung zur Aufzeichnung der Betriebseinnahmen zu beachten, da sie auch unmittelbar für das Einkom­mensteuergesetz wirkt. Zum anderen sind die Vor­schriften über die Ordnungsmäßigkeit der Kassenfüh­rung zu beachten.